Direkt zum Inhalt

Radartechnologie der nächsten Generation

Von Hans-Jochen Sölter
Senior Strategy, Marketing & Business Development Manager, Thales Deutschland

Das TLVS-Programm befindet sich momentan in einer entscheidenden Phase. Thales Deutschland hat im Rahmen seiner langjährigen Mitarbeit in TLVS ein Angebot für das Mittelbereichsradar (MRS) an das verantwortliche Joint Venture übergeben.

Der Mittelbereichssensor TLVS ist in erster Linie für die Feuerleitung des Zweitflugkörpers verantwortlich und muss sich nahtlos in das Gesamt-System einfügen. Daneben sind Programmaspekte, wie nationale Souveränität und Regularien aus der MEADS-Historie zu beachten. Wünschenswert ist darüber hinaus eine Marktverfügbarkeit, um technische und pro-grammatische Risiken zu minimieren.

Optimale Feuerleitung für den Zweitflugkörper TLVS

Die hervorragende Eignung des Thales GM200 MM/C als Mittelbereichssensor im Zusammenwirken mit dem IRIS-T SL wurde bereits 2016 (Risk Mitigation) nachgewiesen. Aktuelle Untersuchungen aus dem vergangenen Jahr attestieren dem Sensor die höchste Genauigkeit in dieser Radar-Klasse.

Das Radar verfügt über eine moderne AESA-Technologie (Active Electronically Scanned Array), die in Gallium-Nitrid implementiert ist, und arbeitet im S-Band. Damit sind rotierende und starrende Betriebsarten mit hoher Flexibilität möglich, wobei Datenwiederholraten bis < 1s realisiert werden. Die Reichweite gegen ein kleines Luftziel ist > 130 Kilometer, die instrumentierte Reichweite beträgt bis zu 400 Kilometer. Die Palette mit dem GM200 MM/C, Stromerzeugungsaggregat und Kühlung stellt ein autonomes System dar und kann auch ohne Fahrzeug betrieben werden.

Die kompakte Auslegung des Radars mit seinem geringen Gewicht bringt zahlreiche Vorteile im Fahrbetrieb auf einem LKW und in der Luftverladung mit sich. Die operativ geforderten Zeiten für das „in Stellung gehen“ und den Abbau werden deutlich unterboten ( < 5 Minuten), da die elektronisch stabilisierte Antenne keine mechanische Abstützung erfordert. Dies er-möglicht ein potentielles, taktisch erforderliches schnelles Verlassen einer Stellung, im Gegensatz zu Systemen mit ausfahrbaren hydraulischen Stützen.

Die modulare Auslegung des GM200 MM/C, die AESA-Technologie, die Zugehörigkeit zu einer Thales S-Band-Radarplattformfamilie und die weitgehende Digitalisierung des Radars (vollprogrammierbar), erlauben ein erhebliches Wachstumspotential in allen Bereichen.

Keine Risiken in der Projekt- und Nutzungsphase

Das GM200 MM/C wird derzeit durch die niederländischen Streitkräfte beschafft, befindet sich aktuell in der Serienfertigung und bietet daher eine einzigartige Flexibilität, um den Zeit-plan des TLVS zu erfüllen. Zudem wurde ein Prototyp bereits seit 2016 erfolgreich erprobt. Damit ist das GM200 MM/C das einzige Produkt in dieser Klasse, das über Prototyp- sowie Serienvertrag verfügt, in Serie gefertigt wird und demzufolge berechtigt als Military off the Shelf-Produkt gilt.

Die Auslegung des GM200 MM/C reflektiert vollständig die Systemanforderungen von TLVS/ MEADS in Bezug auf Einsatz, Vernetzung („plug-and-fight“), Transport und Mobilität. Das System ist ITAR-frei und kann somit ohne exportrechtliche Einschränkungen durch die Bun-deswehr über den kompletten Lebenszyklus eingesetzt werden.

Nationale Souveränität und MEADS-Konformität

Thales Deutschland verfügt über eine eigene Radarentwicklung und -Fertigung mit entspre-chendem Fach- und Managementpersonal sowie TLVS-relevantem Know-how. Zusammen mit einer Akkreditierung für höchste Geheimhaltungsstufen können alle Projektanforderungen hinsichtlich „German Eyes Only“ oder der MEADS-Bestimmungen eingehalten werden. Damit gewährleistet das Unternehmen als lokaler Partner in vollem Umfang die geforderte nationale Souveränität.

Insbesondere bei Service und Wartung von Radaren für die Luftwaffe hat Thales mit seinem Servicebereich in Koblenz innerhalb des ARED-Programms (Ground Master) über viele Jah-re seine Leistungsfähigkeit und Kundenorientierung bewiesen. Eine signifikante deutsche Wertschöpfung über die Systembetreuung in der Nutzung hinaus ist durch Thales Deutsch-land ebenfalls realisiert.

Wirtschaftlichkeit durch Mehrfachnutzung, Kooperation und Familienkonzept

Die abgeschlossene Entwicklung und die laufende Serienfertigung des GM200 MM/C resultieren in einem attraktiven Preis-/Leistungsverhältnis für TLVS. Darüber hinaus gehört das Radar zu einer kompletten Produktfamilie, von deren Weiterentwicklung auch das GM200 MM/C und somit seine Nutzer in allen Phasen der Beschaffung und Nutzung profitieren.

Das Thales GM200 MM/C ist für Mittelbereichsradaranwendungen in zwei weiteren Programmen der Luftwaffe – NNbS und Bereichsradar MANTIS – geeignet. Hier ermöglicht die kompakte Auslegung des Systems eine Verlastung auf besser geschützte Fahrzeuge wie z. B. DINGO oder BOXER – die Verfliegbarkeit auf C130J in einer Sortie ist ein weiteres Allein-stellungsmerkmal. Zudem ist GM200 MM/C besonders für die deutsch-niederländische Zusammenarbeit in der bodengebundenen Luftverteidigung prädestiniert.