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Thales wird die Signaltechnik der Deutschen Bahn in Stuttgart digitalisieren, um Kapazität, Pünktlichkeit und Komfort deutlich zu verbessern

  • Das auf Spitzentechnologien basierende Projekt setzt Maßstäbe für die Digitalisierung der Bahn in Deutschland und Europa
  • Die Hightech-Signaltechnik wird für mehr Pünktlichkeit sorgen und mehr Züge fahren lassen, ohne dass ein einziger Meter zusätzlicher Gleise gebaut werden muss. Der Auftrag hat einen Wert von rund 127 Millionen Euro 

Als Teil des Starterpakets der „Digitalen Schiene Deutschland“ rüstet die Deutsche Bahn die Region Stuttgart mit einem Digitalen Stellwerk (DSTW*), dem europäischen Zugbeeinflussungssystem (European Train Control System – ETCS**) und automatisiertem Fahrbetrieb mit Triebfahrzeugführer (Automatic Train Operation – ATO***) aus. Die Ausschreibung, die die Realisierung der Bausteine 1 und 2 des Projekts „Digitaler Knoten Stuttgart“ bis Ende 2025 umfasst, konnte Thales Ende November 2020 für sich entscheiden. Der Vertrag, der ein Volumen von rund 127 Millionen Euro hat, umfasst die Errichtung des Digitalen Stellwerks, die Installation von ETCS, Vorleistungen für die Implementierung des streckenseitigen automatisierten Fahrbetriebs und des Kapazitäts-und Verkehrsmanagementsystems (Capacity & Traffic Management System – CTMS****), einen modernen Technik- und Bedienstandort, weit über 6.000 elektronische Kilometersteine (Balisen), über 1.300 Achszählpunkte und rund 650 Weichenantriebe.

Das von Thales geleitete Projekt "Digitaler Knoten Stuttgart" ist Teil des Programms "Digitale Schiene Deutschland", mit dem u. a. die Kapazität des Schienennetzes um bis zu 20 Prozent verbessert werden soll. Es beinhaltet eine für Thales Deutschland wichtige Innovationspartnerschaft mit dem Kunden Deutsche Bahn, bei der es um die Entwicklung und Mitgestaltung neuer, zukunftsweisender Technologien für den Rollout der „Digitalen Schiene Deutschland“ geht. 

„Der erste digitale Knoten Deutschlands wird über Jahre hinaus die Referenz für weitere Metropolregionen in ganz Europa sein. Zusammen mit der Deutschen Bahn AG, der DB Netz AG, der DB Projekt Stuttgart–Ulm GmbH und allen Projektbeteiligten freuen wir uns darauf, die Blaupause für zukünftige Digitalisierungs-Projekte mitzugestalten“, erläutert Oliver Dörre, Vorsitzender der Geschäftsführung von Thales Deutschland. „Wir bringen alle Voraussetzungen mit, um dieses Großprojekt erfolgreich zu realisieren. Wir kennen den Knoten Stuttgart aus früheren Projekten sehr gut und freuen wir uns jetzt darauf, gemeinsam mit unserem Kunden aktiv und auf höchstem technischen Niveau an der Verbesserung des Angebotes für Zugreisende mitarbeiten zu können“, so Dörre weiter. „Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind bei diesem Projekt vor ihrer Haustüre natürlich besonders motiviert und stolz darauf, an ‚ihrem‘ Bahnhof mitarbeiten zu dürfen.“ 

Von 2025 an fahren die Züge des Fern-, Regional- und S-Bahn-Verkehrs im Knoten Stuttgart auf einem mit modernster digitaler Technik ausgerüsteten Netz. Neben dem neuen Hauptbahnhof und weiteren Stationen werden zunächst Strecken mit einem Umfang von mehr als 100 Kilometern mit Digitaler Stellwerkstechnik, dem Zugbeeinflussungssystem ETCS und hoch automatisiertem Fahrbetrieb ausgerüstet. Stuttgart ist damit Ursprung und Blaupause der Digitalisierung des gesamten deutschen Schienennetzes, die bis 2035 im Wesentlichen abgeschlossen sein soll.

Auch für die Entwicklung der S-Bahn ist das Projekt „Digitaler Knoten Stuttgart“ ein bedeutender Schritt in die Zukunft. Auf der S-Bahn-Stammstrecke steuert in Zukunft Deutschlands modernstes Stellwerk die kürzesten je realisierten Blockabschnitte von gerade einmal 30 Metern Länge. S-Bahnen können somit so dicht wie bisher nirgends sonst in Deutschland aufeinander folgen. Damit können nicht nur Verspätungen deutlich reduziert und besser abgebaut werden, sondern auch deutlich mehr Züge fahren als heute – sicher und ohne dass ein einziger Meter zusätzliches Gleis gebaut werden muss.

Hinweis an die Redaktionen
*Digitale Stellwerke
Grundlage der Digitalisierung sind Digitale Stellwerke (DSTW). Über verschlüsselte Datenverbindungen steht ein hochsicheres Computersystem mit Außenelementen wie Sensoren oder Weichen in Verbindung. Wie jedes moderne Stellwerk wacht ein DSTW insbesondere darüber, dass Züge nur in freie Gleisabschnitte einfahren und Weichen in der richtigen Lage verschlossen sind. Im Gegensatz zu den bislang üblichen Elektronischen Stellwerken (ESTW) sind beim DSTW Energiezuführung und Daten getrennt. Über Glasfasern können nahezu beliebige Abstände zwischen dem Stellwerkskern und den Außenelementen realisiert werden. In Stuttgart entsteht zunächst ein DSTW, das die über 100 Streckenkilometer steuert. Drei bislang im Rahmen von Stuttgart 21 geplante Elektronische Stellwerke sowie weitere Altstellwerke gehen darin auf. Elektronische oder Digitale Stellwerke sind die Grundlage für ETCS Level 2.

**European Train Control System (ETCS)
Das European Train Control System (ETCS) ist eine Erfolgsgeschichte. In den 1990er Jahren konzipiert als einheitliches „Signalsystem“ für den grenzüberschreitenden europäischen Verkehr, findet es inzwischen weltweit Verbreitung. 
Im „Digitalen Knoten Stuttgart“ kommt zunächst die Ausprägungsstufe Level 2 zum Einsatz. Zug und Strecke tauschen dabei laufend Daten über eine verschlüsselte Funkverbindung aus. An gelben Eurobalisen – einer Art elektronischer Kilometerstein im Gleis – bestimmen die Züge in regelmäßigen Abständen ihren genauen Standort. Mit Weg- und Geschwindigkeitssensoren, darunter Radumdrehungszähler und Radare, misst das Fahrzeug laufend den zurückgelegten Weg und seine Geschwindigkeit. Zusammen mit den von der Strecke übermittelten Daten, darunter der vor dem Zug freigehaltene Weg, errechnet der ETCS-Bordcomputer laufend unter anderem den freien Fahrweg vor dem Fahrzeug und die zulässige Geschwindigkeit.
Im Gegensatz zur althergebrachten konventionellen Signaltechnik, bei der Lichtpunkte an Signalen in einer Art Ampelsystem vergleichsweise einfache Informationen über höchstens zwei vor dem Zug liegende Abschnitte übermitteln, erhält der Triebfahrzeugführer mit ETCS Level 2 ein deutlich präziseres und laufend aktualisiertes Bild. Während mit konventioneller Leit- und Sicherungstechnik ein derartiger Abschnitt typischerweise mindestens einen Kilometer lang ist, kann er mit ETCS nahezu beliebig verkürzt werden. 

***Automatisierter Fahrbetrieb mit Triebfahrzeugführer (ATO GoA 2)
Automatisierter Fahrbetrieb (Automatic Train Operation – ATO) kommt zukünftig im Digitalen Knoten Stuttgart im Automatisierungsgrad 2 (Grade of Automation 2, GoA 2) zum Einsatz. Das System funktioniert wie eine Art ferngesteuerter Tempomat: Die Strecke teilt dem Zug mit, wann er an welchem Ort sein soll. Das Fahrzeuggerät regelt das Tempo entsprechend. Bei Verspätung wird die höchstzulässige Geschwindigkeit gefahren, bei planmäßigem Betrieb möglichst energiesparend. An Bahnsteigen ermöglicht ATO einen hochpräzisen Halt. Der Triebfahrzeugführer ist an Bord, überwacht die Fahrt und kann jederzeit eingreifen. Aufbauend auf ETCS ermöglicht ATO hochpräzises Fahren. Damit werden Verspätungen vermieden und der Abstand zwischen zwei Zügen verkürzt.

****Kapazitäts-und Verkehrsmanagementsystem (CTMS)
Das Kapazitäts- und Verkehrsmanagementsystem (CTMS) ist ein zentraler Bestandteil des zukünftigen Bahnbetriebs und soll u. a. durch die automatisch ablaufenden Beschleunigungs- und Bremsvorgänge die bessere Nutzung der vorhandenen Infrastruktur ermöglichen. Dies soll so zu mehr Kapazität und höherer Betriebsqualität führen. Nach derzeitigem Entwicklungsstand wird das CTMS auf modernsten Algorithmen aus den Bereichen Künstliche Intelligenz (KI) und Operations Research (OR) basieren.

 

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