Weshalb der Zugführer auf Fernstrecken von digitalen Assistenten unterstützt wird
Sie müssen den Zug starten und anhalten, Ihren Fahrplan einhalten, sich an die jeweils vorgeschriebene Geschwindigkeit halten, dürfen keine Signale übersehen, müssen ungewöhnliche Geschwindigkeitsbeschränkungen beachten, ständig die Uhr im Blick behalten und genau wissen, welchen Streckenabschnitt Sie gerade befahren. Darüber hinaus müssen Sie kontinuierlich ungewöhnliche Ereignisse und Situationen im Zug und auf den Gleisen beobachten und melden.
Gleichzeitig sind Sie für die Sicherheit von mehreren Hundert Fahrgästen und Mitarbeitern sowie Gepäck und Fracht verantwortlich. Außerdem müssen Sie darauf achten, dass auch andere Züge, die dieselbe Strecke befahren, pünktlich ans Ziel gelangen, und müssen selbst Ihren Fahrplan einhalten, damit die Fahrgäste ihren Anschlusszug erreichen.
Und schließlich gehört es auch zu Ihren Aufgaben, den Energieverbrauch und die Materialabnutzung zu begrenzen, um die Umwelt nicht unnötig zu belasten und die Betriebskosten zu minimieren.
Mit diesem komplexen Aufgabenspektrum geht eine große Verantwortung einher, denn: Sie befinden sich im Führerstand eines sehr großen Schienenfahrzeugs, das aus einem Triebkopf bzw. einer Lokomotive und etlichen Wagen mit einem Gewicht von mehreren Hundert Tonnen besteht, die sich mit einer Geschwindigkeit von bis zu 300 Kilometern pro Stunde bewegen und einen sicheren Bremsweg mehr als 3,5 Kilometer haben.
„Die digitalen Technologien verändern derzeit einen Job, der mit viel Stress verbunden ist“, so Kai Taylor, Thales Marketing & Communications Director im Bereich Main Line Rail Signalling von Thales. „Als Zugführer müssen Sie viele Entscheidungen gleichzeitig treffen und manche Entscheidungen müssen Sie aus einer Vielzahl von Datenquellen ableiten. Es gibt also einen echten Bedarf für eine Lösung die den Datenstrom schnell in Informationen umwandelt, die für die jeweilige Fahrt unmittelbar relevant sind.“
An dieser Stelle kommen Fahrerassistenzsysteme (Driver Advisory Systems, DAS) ins Spiel, so Kai Taylor: „Dank der Konnektivität von Fahrerassistenzsystemen können Datenströme mit KI-Algorithmen verarbeitet werden. Dadurch kann das Fahrerassistenzsystem den Zugführer beispielsweise darüber informieren, welche Geschwindigkeit er fahren muss, um pünktlich sein Ziel zu erreichen. Damit sorgt das System für eine reibungslose Zugfahrt, minimiert den Energieverbrauch, vermeidet unnötige Bremsvorgänge und reduziert die Motorlaufzeit und damit den Verschleiß. Das Fahrerassistenzsystem stärkt die Kompetenz des Zugführers als Experte. Gleichzeitig mindert die Lösung die Stressbelastung und sorgt für ein Mehr an Fahrkomfort und Betriebseffizienz.“
Auf dem DAS-Bildschirm im Führerstand kann der Zugführer die Fahrt überwachen und feststellen, ob sie fahrplanmäßig verläuft. Er kann sich die ideale Geschwindigkeit für eine pünktliche Ankunft anzeigen lassen und je nach Situation die Geschwindigkeit anpassen: So kann er langsamer fahren, um Strom zu sparen – etwa wenn der Zug überpünktlich unterwegs ist –, oder schneller fahren (im Rahmen der jeweils zulässigen Geschwindigkeit), wenn der Zug sich zu verspäten droht. Denn eine pünktliche Ankunft ist nicht nur für Fahrgäste und Frachtempfänger wichtig, sondern vermeidet auch Fahrplankonflikte mit anderen Zügen.
Bei einem DAS werden die Fahrplandaten in eine Bordeinheit geladen; gleichzeitig erfolgt ein GPS-basierter Vergleich mit der tatsächlichen Zugposition. Die GPS-Daten werden mit hoher Frequenz verarbeitet, so dass die Zugposition sehr genau bestimmt werden kann.
„Das Fahrerassistenzsystem ist ein zentraler Baustein für den autonomen Betrieb von Fernzügen“, erklärt Kai Taylor. „Das System kann an das Schienenverkehrsmanagementsystem ARAMIS von Thales angebunden werden, das automatisch Fahrstrecken festlegt, die Infrastruktur überwacht und den Status des Eisenbahnnetzes in Echtzeit darstellt. Das Fahrerasssistenzsystem erstellt auf der Grundlage von Ist-Daten Prognosen und optimiert den Ressourceneinsatz, indem es einen reibungslosen und effizienten Betriebsablauf gewährleistet.“
Die Position von Thales auf dem Markt für C-DAS (Connected Driver Advisory System)-Lösungen wurde im letzten Jahr deutlich gestärkt, als der Konzern das Unternehmen Cubris übernahm. Cubris ist Marktführer bei Fahrerassistenzsystemen für den Bahnverkehr und verfügt über mehr als zehn Jahre Erfahrung auf diesem Gebiet.
Die Lösung GreenSpeed™ C-DAS von Cubris ermöglicht einen vollständig gesicherten Echtzeit-Datenaustausch zwischen der Schieneninfrastruktur und dem Zugführer. Dadurch optimiert das System den Fahrbetrieb und trägt zur Verringerung des CO2-Ausstoßes bei. GreenSpeed™ C-DAS ist seit 2012 für die gesamte Flotte der dänischen Eisenbahn im Einsatz und hat dazu beigetragen, dass die Züge pünktlicher sind und weniger Energie verbrauchen. Seitdem wurde die Lösung auch von verschiedenen anderen Bahnbetreibern eingeführt.
„Die Übernahme von Cubris ist eine besonders spannende Entwicklung“, so Kai Taylor. „Dadurch verfügt Thales jetzt über eine Schlüsseltechnologie für einen autonomen Zugbetrieb. GreenSpeed™ vervollständigt unser Portfolio an Lösungen, mit denen wir die Eisenbahn in die digitale Zukunft führen wollen.“